InsO §§ 54, 55
Schuldner der Masseverbindlichkeiten ist der Insolvenzschuldner.
InsO § 55 Abs. 4, § 93; HGB § 171 Abs. 2
Der Kommanditist haftet in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft für Masseverbindlichkeiten, welche von der Insolvenzschuldnerin begründet worden sind.
InsO §§ 54, 55, 80; HGB §§ 128, 171
Die persönliche Haftung des Gesellschafters für Masseverbindlichkeiten in dem Insolvenzver-fahren über das Vermögen der Gesellschaft scheidet grundsätzlich nicht bereits aus insolvenz-rechtlichen Gründen aus (Aufgabe von BGH, Urteil vom 24. September 2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204)
BGH URTEIL IX ZR 54/20 vom 28. Januar 2021
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BGH, Urteil vom 28. Januar 2021 – IX ZR 54/20 – OLG Karlsruhe
LG Konstanz
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2020 durch den Vorsitzenden Richter Grupp, die Richterin Möhring, die Richter Dr. Schoppmeyer, Dr. Schultz und die Richterin Dr. Selbmann
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 4. Zivilse-nats des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Zivilsenate in Freiburg – vom 7. Februar 2020 aufgehoben und das Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Konstanz vom 9. August 2018 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.293,59 € nebst Zin-sen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2015 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Oktober 2014 eröffneten Insolvenz-verfahren über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG (fortan: Schuld-
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nerin). Die Schuldnerin befasste sich mit dem Erwerb und dem Betrieb des Con-tainerschiffs M. . Der Beklagte ist Kommanditist der Schuldnerin und mit einer Hafteinlage von 100.000 DM im Handelsregister eingetragen. In den Jahren 2002 bis 2007 zahlte die Schuldnerin an den Beklagten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 13.293,59 €.
Die Schuldnerin wechselte im Jahr 2003 von der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Gewinnermittlung bei Han-delsschiffen im internationalen Verkehr gemäß § 5a EStG (sogenannte Tonna-gegewinnermittlung). Die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unter-schiedsbetrags zwischen Buchwert und Teilwert nach § 5a Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2002 erfolgte mit Feststellungsbescheid vom 30. März 2012.
Mit Beschluss vom 2. Mai 2014 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Die Schuldnerin veräußerte das Schiff am 2. Juli 2014; der Kläger stimmte der Veräußerung in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter zu. Das Finanzamt Bremen setzte mit Bescheid vom 3. Juni 2016 eine Gewerbesteuer für das Jahr 2014 in Höhe von 309.552,40 € fest. Hierbei rechnete das Finanzamt gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG den fortgeschriebenen Unterschiedsbetrag dem Gewinn hinzu. Von der Gewerbesteuerforderung sind 4.994,74 € durch Ver-rechnung getilgt. Den verbleibenden Betrag von 304.557,66 € hat das Finanzamt als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO eingeordnet. Die zur Insolvenz-tabelle festgestellten Insolvenzforderungen sind aufgrund von anderen Komman-ditisten erbrachter Zahlungen vollständig gedeckt. Hingegen kann die Verbind-lichkeit aus dem Steuerbescheid nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt wer-den.
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Der Kläger macht geltend, der Beklagte hafte als Kommanditist für die noch offene Gewerbesteuerforderung, und verlangt Zahlung von 13.293,59 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Ver-urteilung des Beklagten.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZI 2020, 641 ff veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Haftung des Beklagten sei zwar auf-grund der Ausschüttungen gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB wieder aufgelebt. Jedoch hafte der Beklagte nicht für die Gewerbesteuerforderung des Finanzamts Bremen.
Die Haftung des Kommanditisten für durch Handlungen des Insolvenzver-walters oder durch Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begrün-dete Masseverbindlichkeiten sei ausgeschlossen. Diese Haftungsbeschränkung erfasse auch die gemäß § 55 Abs. 4 InsO aufgrund gesetzlicher Fiktion zur Mas-seschuld umqualifizierte Gewerbesteuerforderung. § 55 Abs. 4 InsO erstrecke sich auf alle Steuerarten. Zwar sei die Begründung der immanenten Haftungsbe-schränkung für Masseverbindlichkeiten nur eingeschränkt geeignet, eine Haf-
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tungsbeschränkung in den Fällen zu rechtfertigen, in denen die Masseverbind-lichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO auf der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzver-walters beruhe. Die von § 55 Abs. 4 InsO vorgesehene gesetzliche Gleichstel-lung mit den Fällen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO rechtfertige jedoch die Übertra-gung dieser Grundsätze. Behandle man die Steuerverbindlichkeit in Ansehung der Haftung der Kommanditisten als Insolvenzforderung und im Übrigen als Mas-severbindlichkeit, laufe dies der gesetzlichen Regelung zuwider und führe zu ei-ner systemwidrigen Aufspaltung.
Die Gewerbesteuerforderung aus der Veräußerung des Schiffes stelle eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 4 InsO dar. Maßgeblich sei die Ver-äußerung des Schiffs. Es handele sich um keine aufoktroyierte Verbindlichkeit, weil die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters rechtlich nicht zwin-gend gewesen sei.
II.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Der Beklagte haftet den Gläubigern der Schuldnerin als Kommanditist gemäß § 171 Abs. 1 HGB unmittelbar. Aufgrund der erhaltenen Ausschüttungen ist die Haftung des Beklagten nach den unangegriffenen Feststellungen des Be-rufungsgerichts gemäß § 172 Abs. 4 HGB in Höhe von 13.293,59 € wieder auf-gelebt.
2. Die Gewerbesteuerforderung aus dem Bescheid vom 3. Juni 2016 stellt eine Gesellschaftsverbindlichkeit dar.
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a) Eine Haftung des Kommanditisten gegenüber Gläubigern der Komman-ditgesellschaft setzt gemäß § 171 Abs. 1 HGB eine Verbindlichkeit der Komman-ditgesellschaft gegenüber ihren Gläubigern voraus. Dies erfasst gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB unabhängig von ihrem Rechtsgrund grundsätzlich sämtliche Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft gegenüber Dritten (Außenverbind-lichkeit). Hierzu zählen insbesondere Gewerbesteuerforderungen aus dem Ge-schäftsbetrieb der Gesellschaft (vgl. Heymann/Borges, HGB, 3. Aufl., § 171 Rn. 8; MünchKomm-HGB/Schmidt, 4. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 20; Baumbach/Hopt/Roth, 39. Aufl., HGB, § 171 Rn. 3).
Auch die Gewerbesteuerforderung aufgrund des Steuerbescheids vom 3. Juni 2016 stellt eine Verbindlichkeit der Schuldnerin und damit der Komman-ditgesellschaft dar. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist Steuerschuldnerin die Gesellschaft. Im Übrigen folgt dies aus dem an den Kläger als Insolvenzverwalter gerichteten bestandskräftigen und im finanzgerichtlichen Rechtsstreit bestätigten Bescheid des Finanzamts vom 3. Juni 2016, wonach es sich um eine Steuer-schuld der Schuldnerin handelt.
b) Für die Frage, ob eine Verbindlichkeit der Schuldnerin vorliegt, kann dahinstehen, ob die Gewerbesteuerforderung des Finanzamts gemäß § 55 Abs. 4 InsO als Masseverbindlichkeit anzusehen ist. Die insolvenzrechtliche Ein-ordnung der Gewerbesteuerforderung als Masseverbindlichkeit oder als Insol-venzforderung hat keinen Einfluss darauf, dass es sich bei der Steuerverbindlich-keit um eine Verbindlichkeit der Schuldnerin und damit der Kommanditgesell-schaft handelt. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass Schuldner der Masse-verbindlichkeiten stets der Insolvenzschuldner ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Ok-tober 1967 VIII ZR 176/65, BGHZ 49, 11, 13 zur Konkursordnung; vom 24. Sep-tember 2009 IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 Rn. 12; Jaeger/Henckel, InsO, § 53 Rn. 10; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 4. Aufl., § 53 Rn. 30; HK-InsO/Lohmann,
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10. Aufl., § 53 Rn. 9; Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl., § 53 Rn. 12; ebenso BGH, Urteil vom 13. Juli 1964 II ZR 218/61, WM 1964, 1125 unter I. zur Vergütung des Verwalters). Die Eigenschaft als Masseverbindlichkeit begründet keine be-sondere Qualität der Forderung, sondern betrifft ihre Einordnung in einem kon-kreten Insolvenzverfahren und ihre Durchsetzbarkeit (vgl. Jaeger/Henckel, aaO Rn. 8).
3. Der Beklagte haftet gemäß §§ 128, 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 HGB auch für die Gewerbesteuerforderung aus dem Bescheid vom 3. Juni 2016. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen für die Haftung eines Kommanditisten. Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, dass die Haftung des Kommandi-tisten für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in der Insolvenz der Gesellschaft ausgeschlossen sei, wenn die Ansprüche des Gläubigers Masseverbindlichkei-ten darstellen. Vielmehr ist die Kommanditistenhaftung nicht auf zur Insolvenzta-belle angemeldete Forderungen beschränkt.
a) Auch wenn es sich bei Masseverbindlichkeiten stets um Verbindlichkei-ten des Schuldners handelt, kann allerdings die Haftung des Schuldners für be-stimmte Masseverbindlichkeiten gegenständlich beschränkt sein.
aa) Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 InsO erstreckt sich nur auf das zur Insolvenzmasse gehörende Ver-mögen des Schuldners (BGH, Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339; vom 16. Februar 1961 III ZR 71/60, BGHZ 34, 293, 295 f; vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 Rn. 12 mwN). Dabei ist Be-standteil der Masse gemäß § 35 Abs. 1 InsO auch das Vermögen, das der Schuldner während des Insolvenzverfahrens erlangt.
bb) Aufgrund der beschränkten Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters ist eine Haftung des Schuldners für solche Verbindlichkeiten,
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welche erst der Insolvenzverwalter aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfü-gungsbefugnis begründet hat, auf diejenigen Gegenstände beschränkt, die zur Insolvenzmasse gehören. Diese Beschränkung der Haftung des Schuldners greift bereits während des Verfahrens ein (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1954, aaO; vom 24. September 2009, aaO; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 4. Aufl., § 53 Rn. 30 f; Jaeger/Henckel, InsO, § 53 Rn. 13; Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl., § 53 Rn. 12; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 53 Rn. 10; Bähr/Lau in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 53 Rn. 9; Mohrbutter/Ringstmeier/Mohrbutter, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 9. Aufl., Kapitel 6 Rn. 503).
In welchem Umfang eine Nachhaftung des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens für Masseverbindlichkeiten noch in Betracht kommt, kann dahinstehen. Soweit es um vom Insolvenzverwalter im Laufe des Insolvenz-verfahrens durch Rechtshandlungen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründete Masseverbindlichkeiten geht, gilt nach überwiegender Meinung für die Zeit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens eine gegenständlich beschränkte Haftung (vgl. MünchKomm-InsO/Hefermehl, aaO Rn. 34a; HK-InsO/Lohmann, 10. Aufl. § 53 Rn. 9; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 53 Rn. 45; Uhlenbruck/Sinz, aaO Rn. 11; HmbKomm-InsO/Jarchow, 7. Aufl., § 53 Rn. 27; Bähr/Lau, aaO Rn. 10; MünchKomm-InsO/Hintzen, 4. Aufl., § 201 Rn. 15 f mwN; Uhlenbruck/Wegener, InsO, 15. Aufl., § 201 Rn. 17; aA Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl., § 53 Rn. 12; Windel, KTS 2011, 25, 27 ff). Auch wenn die Nachhaftung des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens für Masseverbindlich-keiten gegenständlich beschränkt sein sollte, folgt daraus nicht, dass es sich bei Masseverbindlichkeiten nicht um Verbindlichkeiten des Schuldners handelt.
Unabhängig davon scheidet eine gegenständliche Beschränkung der Haf-tung des Schuldners jedenfalls bei solchen Masseverbindlichkeiten aus, welche
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er durch sein Handeln selbst begründet hat. Demgemäß beschränkt sich bei so-genannten oktroyierten Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 90 InsO, die vom Schuldner bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden wa-ren, die Haftung des Schuldners gegenständlich nicht auf die ihm überlassene restliche, das heißt nicht verwertete Masse (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – IX ZR 73/06, NZI 2007, 670 Rn. 14 für Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO). Gleiches gilt für Masseverbindlichkeiten, deren Entstehung auf eine freie Entscheidung des Schuldners zurückzuführen ist. Daher trifft den Schuldner für Steuerforderungen aus der Zeit einer schwachen vorläufigen Insol-venzverwaltung, die von § 55 Abs. 4 InsO kraft Gesetzes zu Masseverbindlich-keiten erklärt werden, eine uneingeschränkte Nachhaftung, weil das Verwal-tungs- und Verfügungsrecht für die die Steuerforderungen begründenden Rechtshandlungen beim Schuldner liegt (vgl. Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 53 Rn. 45; für eine Einordnung als oktroyierte Masseverbind-lichkeit MünchKomm-InsO/Breuer/Flöther, 4. Aufl., § 90 Rn. 9).
b) Die gegenständlich beschränkte Haftung des Schuldners für bestimmte Masseverbindlichkeiten gebietet jedoch nicht, die Haftung des Gesellschafters für Gesellschaftsverbindlichkeiten in der Insolvenz der Gesellschaft aus insol-venzrechtlichen Gründen einzuschränken.
aa) Allerdings hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, dass die Gesell-schafter einer offenen Handelsgesellschaft nicht persönlich für die von dem Ver-walter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft begründeten Masseverbindlichkeiten haften (BGH, Urteil vom 24. September 2009 – IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204; kritisch etwa Schmidt, ZHR 174 (2010), 163, 172 ff; Win-del, KTS 2011, 25, 40 ff; Zimmer, ZInsO 2011, 1081, 1083 ff; Heitsch, ZInsO 2019, 1649, 1654 ff). Die Entscheidung betraf durch Rechtshandlungen des In-
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solvenzverwalters nach der Verfahrenseröffnung begründete Masseverbindlich-keiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 InsO; vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009, aaO Rn. 12) und zudem die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO; vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009, aaO Rn. 19 ff; kritisch hinsichtlich der Ver-fahrenskosten Berger, EWiR 2009, 775, 776), enthielt jedoch keine Entscheidung für andere Masseverbindlichkeiten, insbesondere nicht für Masseverbindlichkei-ten nach § 55 Abs. 4 InsO oder für Masseverbindlichkeiten bei einer Eigenver-waltung. Auch mit Urteil vom 17. Dezember 2015 (IX ZR 143/13, BGHZ 208, 227 Rn. 11) hat der Bundesgerichtshof nurobiter ausgesprochen, dass die Gesell-schafter nicht für sämtliche Masseverbindlichkeiten haften.
bb) Der Bundesgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung nicht fest, so-weit eine Beschränkung der Haftung der Gesellschafter damit begründet wird, dass die Gesellschaft als Schuldnerin aus insolvenzrechtlichen Gründen für be-stimmte Masseverbindlichkeiten nur gegenständlich beschränkt hafte. Insoweit hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass hinsichtlich solcher Masseverbind-lichkeiten eine dem Verfahren immanente Haftungsbeschränkung bestehe. Da die Verfügungsmacht des Insolvenzverwalters bei der Begründung solcher Mas-severbindlichkeiten auf die Gegenstände der Masse beschränkt sei, komme eine Haftung der Gesellschafter für solche Masseverbindlichkeiten bereits aus insol-venzrechtlichen Gründen nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 24. September 2009, aaO Rn. 13 ff).
Aus den Grenzen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insol-venzverwalters folgt zwar, dass der Verwalter nicht über das massefreie Vermö-gen der Gesellschaft als Schuldnerin verfügen kann (BGH, Urteil vom 24. Sep-tember 2009, aaO Rn. 12; Schmidt, ZHR 174 (2010), 163, 172). Ob ein Gesell-schafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Schuldnerin haftet, welche
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durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind, ist da-mit jedoch nicht beantwortet. In welchem Umfang Massegläubiger das Vermögen des Schuldners nach Beendigung des Insolvenzverfahrens in Anspruch nehmen können, hat auf die Einordnung einer Verbindlichkeit als Verbindlichkeit des Schuldners keinen Einfluss. Die Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkei-ten der Gesellschaft beruht auf den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der §§ 128, 161 Abs. 1, §§ 171, 172 HGB.
Auch wenn die Gesellschaft als Schuldnerin für bestimmte Masseverbind-lichkeiten nur gegenständlich beschränkt haftet, rechtfertigt dies allein nicht, dass eine Haftung der Gesellschafter für solche Verbindlichkeiten der Gesellschaft von vornherein ausscheidet. Vielmehr ist es eine Frage der die Haftung der Gesell-schafter anordnenden Norm, ob, unter welchen Voraussetzungen und in wel-chem Umfang die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesell-schaft in der Insolvenz ausnahmsweise eingeschränkt werden kann. Hängt die Haftung des Gesellschafters von den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen ab, kann nicht angenommen werden, dass die aus dem Amt des Insolvenzverwalters folgenden Befugnisse erweitert würden, wenn die Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft über § 128 HGB auch für die durch Handlungen des Insolvenz-verwalters begründeten Verbindlichkeiten haften. Soweit aus dem Urteil des Bun-desgerichtshofs vom 24. September 2009 (IX ZR 234/07, ZIP 2009, 2204 Rn. 14) etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten.
c) Der Beklagte haftet als Kommanditist für solche Masseverbindlichkei-ten, welche die Schuldnerin begründet hat. Dies trifft auf die Gewerbesteuerfor-derung des Finanzamts aus dem Bescheid vom 3. Juni 2016 zu. Es besteht kein Anlass, die Haftung eines Kommanditisten nach §§ 128, 161 Abs. 2, §§ 171, 172 Abs. 4 HGB für Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO einzuschränken,
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welche vom Schuldner begründet worden sind (Zimmer, ZInsO, 2011, 1081, 1086 f).
aa) Ob die Haftung eines Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesell-schaft zu begrenzen ist, richtet sich nicht nach der Einordnung der Verbindlichkeit als Masseverbindlichkeit im Sinne der §§ 54, 55 InsO. Es ist nicht geboten, die Haftung des Kommanditisten im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ge-sellschaft auf Insolvenzforderungen zu beschränken. Maßgeblich ist vielmehr die Reichweite der gesellschaftsrechtlichen Haftung.
Im Streitfall kann dahinstehen, in welchem Umfang die Haftung des Kom-manditisten für Masseverbindlichkeiten zu begrenzen ist. Eine teleologische Re-duktion der gesellschaftsrechtlichen Haftung scheidet jedenfalls aus, wenn der Schuldner die Verbindlichkeit selbst begründet hat. Soweit eine teleologische Re-duktion des § 128 HGB erwogen wird, stützt sich diese Überlegung darauf, dass mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenz-verwalter der Gesellschafter die Möglichkeit verliert, Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft zu nehmen (vgl. insb. Schmidt, ZHR 152 (1988), 105, 114 ff; ders., ZHR 174 (2010), 163, 166 ff; MünchKomm-HGB/Schmidt, 4. Aufl., § 128 Rn. 81; Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 39. Aufl., § 128 Rn. 46; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 128 Rn. 73; Jaeger/Müller, InsO, § 93 Rn. 32). Diese Gründe treffen auf Verbindlichkeiten, welche die Gesellschaft selbst begründet, nicht zu. Dies gilt auch dann, wenn diese Verbindlichkeiten im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft Masseverbindlichkeiten darstellen. Damit kommt es nicht darauf an, inwieweit die Gründe für eine Beschränkung der gesellschafts-rechtlichen Haftung auf einen Kommanditisten zu übertragen sind.
Daran ändert sich nichts, wenn das Insolvenzgericht einen vorläufigen In-solvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 22 Abs. 2, § 21 Abs. 2 Satz 1
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Nr. 2 Fall 2 InsO) bestellt und dieser der Verfügung des Schuldners zustimmt. Ein solcher sogenannte schwache vorläufige Insolvenzverwalter ist weder ver-waltungs- noch verfügungsbefugt. Der Vorbehalt beschränkt die Verfügungsbe-fugnis des Schuldners nicht. Er bewirkt lediglich, dass der vorläufige Verwalter wirksame Verfügungen des Schuldners verhindern kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 361; vom 24. September 2020 – IX ZR 289/18, ZIP 2020, 2079 Rn. 20). Der schwache vorläufige Verwalter ist rechtlich nicht in der Lage, den Schuldner gegen dessen Willen zu Handlungen anzuhalten (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO; vom 24. September 2020, aaO). Ebenso wenig kann er selbst Verfügungen mit Wirkung für und gegen die spätere Insolvenzmasse vornehmen. Der mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestat-tete vorläufige Verwalter tritt nicht an die Stelle des Schuldners, sondern an seine Seite (BGH, Urteil vom 24. September 2020, aaO; MünchKomm-InsO/Haar-meyer/Schildt, 4. Aufl., § 21 Rn. 65). Ein Zustimmungsvorbehalt ändert nichts da-ran, dass die Gesellschafter Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft nehmen können.
bb) Im Streitfall stellt die Gewerbesteuerforderung aus dem Bescheid vom 3. Juni 2016 eine von der Schuldnerin begründete Verbindlichkeit dar. Die Schuldnerin veräußerte das Schiff am 2. Juli 2014 und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Zu diesem Zeitpunkt war die Schuldnerin verwaltungs- und verfügungsbefugt. Der Kläger konnte in seiner Ei-genschaft als vorläufiger Verwalter zwar die Verfügung verhindern (vgl. BGH, Ur-teil vom 18. Juli 2002 – IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 361; vom 24. September 2020 – IX ZR 289/18, ZIP 2020, 2079 Rn. 20). Dass der Kläger der Veräußerung in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter zustimmte, ändert nichts daran, dass die Schuldnerin die Verfügung vornahm und die aus der Verfügung folgenden Masseverbindlichkeiten durch ein Handeln der Schuldnerin begründet
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worden sind. Dies gilt mithin auch für die mit Bescheid vom 3. Juni 2016 festge-setzte Gewerbesteuer. Diese beruht nach den Feststellungen des Berufungsge-richts darauf, dass das Finanzamt gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG den gemäß § 5a Abs. 4 EStG fortgeschriebenen Unterschiedsbetrag dem Gewinn hinzurechnete.
4. Der Kläger kann gemäß § 171 Abs. 2 HGB die persönliche Haftung des Beklagten für die Verbindlichkeit der Schuldnerin geltend machen. Für § 93 InsO ist es unerheblich, ob die Verbindlichkeit der Gesellschaft eine Masseverbindlich-keit darstellt (aA MünchKomm-InsO/Gehrlein, 4. Aufl., § 93 Rn. 20). Vorausset-zung für die Sperrwirkung und die Ermächtigungswirkung des § 93 InsO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 – IX ZR 143/13, BGHZ 208, 227 Rn. 10 mwN) sind eine Verbindlichkeit der Gesellschaft und eine persönliche Haf-tung des Gesellschafters für diese Verbindlichkeit. Auf die insolvenzrechtliche Einordnung der Verbindlichkeit kommt es nicht an. § 93 InsO zielt darauf, einen Wettlauf unter den Gesellschaftsgläubigern über die Haftung des Gesellschafters zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 140; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015, aaO). Die durch einen schnelleren Zugriff verschafften Sondervorteile für einen Gesellschaftsgläubiger, denen das Gesetz vorbeugen will, drohen gleich-ermaßen bei einem Zugriff durch einen Massegläubiger wie durch einen Insol-venzgläubiger. Das Gleiche gilt für § 171 Abs. 2 HGB.
5. Der Haftung des Beklagten steht nicht entgegen, dass der Kommandi-tist, der eine Verbindlichkeit der Gesellschaft befriedigt, unter Umständen einen Regressanspruch gegen die Gesellschaft erwirbt (§ 110 HGB; vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 39. Aufl., § 128 Rn. 25). Dabei kann dahinstehen, unter wel-chen Voraussetzungen und in welchem Umfang eine Befriedigung der Gesell-schaftsverbindlichkeit eintritt, wenn der Kommanditist im Hinblick auf seine vom
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Insolvenzverwalter gemäß § 93 InsO, § 171 Abs. 2 HGB geltend gemachte per-sönliche Haftung an die Insolvenzmasse leistet.
Die Leistung an den Insolvenzverwalter verschafft dem Gesellschafter auch dann keine Möglichkeit, vor Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger Re-gress zu nehmen, wenn die Verbindlichkeit der Gesellschaft – wie im Streitfall – eine Masseverbindlichkeit darstellt. Aus dem Zusammenwirken von § 171 Abs. 1, 2, § 172 Abs. 4 HGB folgt, dass der Kommanditist nur dann Regress gegen die Gesellschaft nehmen kann, wenn seine Haftung durch den Regressanspruch nicht mehr mit der Folge des § 171 Abs. 2 HGB aufleben kann (MünchKomm-InsO/Bitter, 4. Aufl., § 44 Rn. 37; Uhlenbruck/Knof, InsO, 15. Aufl., § 44 Rn. 7; Schmidt, Einlage und Haftung des Kommanditisten, 1977, S. 145, 149 ff mwN). Dies wäre aber der Fall, wenn der Kommanditist die den Regressanspruch aus-lösende Zahlung zuvor gerade infolge seiner Inanspruchnahme nach § 171 Abs. 2 HGB erbracht hat. In der Insolvenz der Gesellschaft läuft der Regressan-spruch des nach § 171 HGB in Anspruch genommenen Kommanditisten auf eine (Teil-)Rückgewähr des Gesellschafterbeitrags hinaus, weil die Zahlung nicht aus Gewinnen der Gesellschaft erfolgen kann (vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Dezem-ber 1984 II ZR 28/84, BGHZ 93, 159, 163). Erst dann, wenn die Kommanditis-tenhaftung infolge einer Dividendenausschüttung auf den Regressanspruch nicht mehr mit der Rechtsfolge des § 171 Abs. 2 HGB aufleben kann, ist der Komman-ditist berechtigt, seinen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft geltend zu machen.
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III.
Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden. Die Aufhebung des Berufungsurteils erfolgt nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Geset-zes auf das festgestellte Sachverhältnis; nach letzterem ist die Sache zur End-entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da nach den Feststellungen des Beru-fungsgerichts die Insolvenzmasse nicht genügt, um die Forderung des Finanz-amts zu erfüllen, ist der Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.