Ein GmbH-Geschäftsführer hat im Falle einer drohenden oder eingetretenen Insolvenz strenge Pflichten und sollte strategisch sowie rechtlich korrekt handeln, um persönliche Haftung, strafrechtliche Konsequenzen und insolvenzrechtliche Fehler zu vermeiden.
1. Verhalten bei drohender Insolvenz
Die Insolvenzordnung (§ 15a InsO) verpflichtet den Geschäftsführer, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Eine Insolvenzreife liegt vor, wenn:
- Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO): Die GmbH kann mindestens 90 % ihrer fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen.
- Überschuldung (§ 19 InsO): Das Vermögen der Gesellschaft deckt nicht mehr die Verbindlichkeiten, es sei denn, eine positive Fortbestehensprognose besteht.
Pflichten des Geschäftsführers
✅ Fortlaufende Liquiditätsprüfung: Monatliche (ggf. tägliche) Cashflow-Analyse, Bilanzerstellung
✅ Insolvenzrechtliche Beratung einholen: Insolvenzrechtler und Steuerberater frühzeitig konsultieren
✅ Keine weitere Verschlechterung der Lage: Keine einseitigen Zahlungen an einzelne Gläubiger, Verbot von Vermögensverschiebungen
✅ Insolvenzantrag fristgerecht stellen: Innerhalb von 3 Wochen bei Zahlungsunfähigkeit, unverzüglich bei Überschuldung
Verbotene Handlungen (Haftungsrisiko)
❌ Zahlungen nach Insolvenzreife (§ 64 GmbHG, § 15b InsO): Geschäftsführer haften für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife persönlich.
❌ Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB): Einzelne Gläubiger bevorzugen, indem z. B. Unternehmenswerte verschoben werden.
❌ Unrichtige Angaben gegenüber Banken (§ 265b StGB): Falsche Angaben zur Kreditwürdigkeit (z. B. fingierte Bonitätsausweise).
❌ Schwarzgeldzahlungen oder nicht dokumentierte Veräußerungen: Insolvenzverwalter kann solche Transaktionen anfechten.
2. Verhalten bei vorläufiger Insolvenzeröffnung
Nach Antragstellung entscheidet das Insolvenzgericht über Sicherungsmaßnahmen (§ 21 InsO). Es bestellt entweder:
- Einen vorläufigen Insolvenzverwalter (stark oder schwach) oder
- Einen vorläufigen Sachwalter im Schutzschirmverfahren
Was der Geschäftsführer tun muss
✅ Zusammenarbeit mit Insolvenzverwalter: Alle Unternehmensunterlagen bereitstellen (Bilanzen, Forderungslisten, Verträge)
✅ Geschäftsbetrieb sichern: Produktion/Dienstleistungen fortführen, soweit genehmigt
✅ Lohnzahlungen klären: Insolvenzgeld über die Agentur für Arbeit beantragen
✅ Gläubiger informieren: Kommunikation mit Lieferanten und Banken offenhalten
Was der Geschäftsführer vermeiden muss
❌ Eigenmächtige Kontoabhebungen oder Vermögensverschiebungen
❌ Bevorzugung einzelner Gläubiger durch Sonderzahlungen
❌ Neue Verträge ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters abschließen
🔹 Achtung: Stark vorläufiger Insolvenzverwalter hat volle Kontrolle über die Geschäftsführung, der Geschäftsführer ist weitgehend entmachtet.
3. Verhalten nach endgültiger Insolvenzeröffnung
Nach der Entscheidung des Insolvenzgerichts wird das Verfahren offiziell eröffnet (§ 27 InsO).
Was nun passiert:
- Insolvenzverwalter übernimmt das Unternehmen und entscheidet über Fortführung oder Liquidation
- Gläubigerversammlung (§ 74 InsO) entscheidet über Verfahrensweg
- Geschäftsführer verliert regelmäßig seine Verfügungsbefugnis
Pflichten des Geschäftsführers
✅ Vollständige Kooperation mit dem Insolvenzverwalter: Alle Unternehmensunterlagen, Bankkonten, Verträge und Forderungen offenlegen
✅ Auskunftspflichten beachten: Nach § 97 InsO ist der Geschäftsführer auskunftspflichtig
✅ Strafrechtliche Risiken prüfen: U. a. Insolvenzverschleppung, Bankrott, Steuerhinterziehung vermeiden
Was der Geschäftsführer nicht tun darf
❌ Eigenmächtig noch Geschäfte führen oder Vermögen abziehen
❌ Dokumente manipulieren oder vernichten
❌ Private Vermögensverschiebungen oder Strohmann-Konstruktionen einrichten
4. Haftungs- und Strafrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer
Zivilrechtliche Haftung:
📌 § 64 GmbHG (alte Fassung) bzw. § 15b InsO: Geschäftsführer haften persönlich für Zahlungen nach Insolvenzreife
📌 § 823 BGB, § 93 AktG (analog): Persönliche Haftung für Pflichtverletzungen
📌 § 280 BGB Schadensersatz: Wenn Gläubiger bewusst geschädigt wurden
Strafrechtliche Risiken:
⚖️ § 15a InsO (Insolvenzverschleppung) → Bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe
⚖️ § 283 StGB (Bankrott) → Bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe
⚖️ § 266a StGB (Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen) → Persönliche Strafbarkeit, ggf. Freiheitsstrafe
⚖️ § 263 StGB (Betrug) → Bei unrichtigen Angaben zur Unternehmenslage
🔹 Achtung: Bei nachgewiesener Insolvenzverschleppung kann der Geschäftsführer berufsverbot (§ 6 GmbHG) erhalten und für neue Unternehmen gesperrt werden.
5. Aufgaben eines Insolvenzrechtlers
Fachanwälte für Insolvenzrecht übernehmen eine Vielzahl von Aufgaben für Geschäftsführer, Unternehmen und Gläubiger:
1. Krisenberatung & Insolvenzprävention
- Prüfung der Insolvenzreife (Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit)
- Entwickeln von Sanierungs- und Restrukturierungskonzepten
- Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) oder Eigenverwaltung (§ 270a InsO) prüfen
2. Insolvenzantrag & Abwehr von Haftung
- Vorbereitung des Insolvenzantrags
- Vermeidung von Geschäftsführerhaftung (§ 15b InsO)
- Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen
3. Gläubiger- und Schuldnervertretung
- Vertretung in der Gläubigerversammlung (§ 74 InsO)
- Anmeldung von Forderungen im Insolvenzverfahren
- Anfechtungsrechtliche Prüfungen nach §§ 129 ff. InsO
4. Vertretung vor Gerichten & Behörden
- Abwehr von Insolvenzverschleppungsklagen
- Verhandlungen mit Finanzämtern, Sozialversicherungsträgern
- Verteidigung bei strafrechtlichen Ermittlungen
GmbH-Geschäftsführer
Ein GmbH-Geschäftsführer muss bei drohender Insolvenz umsichtig und gesetzeskonform handeln. Fehler in dieser Phase führen zu erheblichen persönlichen Risiken, bis hin zu Haftungsansprüchen und strafrechtlichen Konsequenzen. Insolvenzrechtler unterstützen durch Krisenberatung, Haftungsvermeidung, Sanierungsstrategien und die Vertretung in Insolvenzverfahren.